Nur noch 6 Stunden und ich bin in Wien. Mit raschen Schritten eilte ich vorwärts und kam Donnerstag, dem 22 März in der Früh auf eine Anhöhe, wo ich die nur noch 1/2 Stunden entlegene Wiener Stadt ganz übersehen konnte. Ich glaubte, ein Meer von Häuser, Paläste und Thürmen zu erblicken, erstaunend setzte ich mich auf einem Hügel, um die Weltberühmte Stadt zu bewundern. Als dann schritt ich vorwärts, war auch so glücklich, einen Menschen zu treffen, welcher mir Aus- kunft gab, wo die Hafner-Herberge sey und wozu ich da am nächsten gehen müsse.

Allein ich hatte wohl 3 Stunden um die Stadt herum zu gehen bis ich endlich zu der besagten Maria Hilfen-Linie kam. Unter dem Thor bekam ich für mein Wanderbuch einen Thorzettel und nun
war auch die Herberge leicht zu finden. Sie heißt „zum Blauen Bock“ in der Maria Hilfer Straße.

Um diese Stadt einigermaßen zu besehen blieb ich 5 Tage arbeitslos auf der Herberg. 
Die Merkwürdigkeiten, die ich sah sind: Die Kaiserliche Burg, das k. Zeughaus, die Bilderkunstausstellung, das Josephs- städter Theater, die Stephanskirche und Thurm, an welchem eben gebaut wurde und daß wieder Zutritt auf den Thurme jedem Fremden verweigert wurde, den Stock am Eisen, auf dem Stephansplatz, welcher so voll von Nägel angeschlagen ist, das man kaum mehr eine Rinde sehen kann, die Karolus Kirche mit dem schönen Thurm. Aber von den vielen Vorstädten kann ich wenig sagen, als blos,- das ich in der Maria Hilfe-, Josephs- und Leopolds-Stadt öfter gewesen sey, den von dieser Stadt kann Einer, der blos etliche Tage darin ist, noch nicht viel erzählen. 
Da nun keine Arbeit vorhanden war, so war ich ganz gesinnt nach Ungarn zu reisen.

Aber am 25. n..M. kam ein Meister von dem 3 Stunden von Wien entlegenen Städtchen Stadt-Großenger(n)sdorf auf dem Marchfelde genannt. Da nun von den 6 Fremden auf der Herberg befindlichen Gesellen keiner zur Scheiben-Arbeit tauglich war, so nahm ich auf sein Ansuchen und auf das Zusprechen der anderen Arbeit und so kam ich am 27 März (nach) Stadt-Großengernsdorf und arbeitete dort bis zum 9 Juni 1844. Dieses Städtchen liegt in einer ganz ebenen sehr fruchtbaren Lage 1/2 Stunde von dem Donau-Arm entfernt, über welchen Napoleon 1809 eine Schifbrüke schlagen lies und das genannte Städtchen fast ganz zum Schutthaufen verwandelte, wo er sprach; Wir schlugen in diesen Tagen eine Schiffbrücke über den Donau-Arm und der Brand von Stadt Großengersdorf leuchtete Majestädtisch zu diesem Zweke. Am 9 Juni war nun wieder der Tag, wo ich von meinen Dienst so sehr solieden Meister Abschied nahm, um meine Reise wieder fortzusetzen und man nach dem ich mich zuvor nochmahl 4 Tage in Wien aufhielt am 14 Juni auf einem Fußsteige an die Ungarischen Gränze.

Da kam ich an ein 1/4 Stund breites Wasser und ein Gränz-Jäger kam aus dem Gebüsch hervor und forderte mir mein Wanderbuch ab. Da er nun sah, das ich ein Ausländer sei und die Erlaubniß habe,  nach Ungarn zu reisen, so unterhielten wir uns recht gut wärend ein Schiffmann aus dem über dem Wasser gelegenen Dorfe Diem kam und mit einem kleinen Kahn die Reisende hinüber schiffte. In diesem Dorfe kehrte ich ein, trank den Schoppen Wein schon um 4 Kreuzer w. w. und nun führte mich der Fußsteig an der Donau lings hinunter nach Preßburg. Es war ein sehr heißer Sommertag und an dem Gebirg, an welchem ich hinunterging, war die Sonnenhitze drükend heis, rechts lief die Donau. Das Gebirg heißt die Niedern Karpaten.

Preßburg den 14 Juni 1844.
Krönungsstadt des Königreiches Ungarn, die Ruinen des ehemaligen prachtvollen Schloßes zeigen sich noch weit in die Entfernung. 
Und wer noch nie am Schloßberg g´weßt, der weiß nichts von der Welt, juhe: 
der weis nichts von der Welt.
Und wer nach Ungarn reisen will, 
der brauch ein kleines Geld, juhe; 

der braucht wohl auch ein Geld.

Die Reise durch Ungarn.

Am 15 Juli Abend 5 Uhr waren wir 20 Handwerk Bursche an dem Donauufer versammelt, alle reisten nach Pesth. Auf dem Dampfschiff zu fahren war uns zu 
kospilig und keine unumgeltliche Fahr- gelegenheit konnten wir nicht treffen. Es both sich aber ein Schiffmann an, uns nach Pesth zu führen, jeder mußte ihm 2 Zwanziger bezahlen.

Als dann gieng nun die Reise zu Wasser und wir fuhren nemlichen Abend noch bis nach Doborgas, einem Dorfe nahe an der Donau. Dort stiegen wir aus, den es war zu finster zum weiterfahren. Der Wirth dieses Dorfes war ein Jude. Wir tranken Wein und aßen Brod und dann legte mann sich ein paar Stunden zur Ruhe, aber ich trank einen Schoppen mehr als die anderen, weil er mir wohl schmekte und unterhielt mich indes, da ich schon sonst mit niemand mehr sprechen konnte, mit dem Wirthe. Nach dem fragte ich auch, ob er auch für mich ein Bett habe; a ja sagte er, prächtige Bette habe ich hergerichtet: Die prächtige Bette und das Schlafzimmer war weiters nichts als ein paar Bund Stroh unter einer mit dürren Reisen bedeckten Hütte. Das ist Ungarisch Mode, dachte ich und legte mich nieder.

 

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