Tagebuch 1838-45 des Joseph Anton Neubrandt, ~ am 19.5.1820 in Markt Wald + am 4.4.1872 in Gundelfingen. (Vater von Maria Ursula Sailer geb. Neubrandt * am 28. Juni 1859 in Gundelfingen + am 26. Juli 1913 in München): Die Stationen des Lebens Es haben viel Dichter, die lange verblichen, das Leben mit einer Reise verglichen; Doch hat uns bis heute, soviel uns bekannt, die Poststationen noch keiner genannt. Die erste läuft fröhlich durchs Ländchen der Kindheit, da seh'n wir geschlagen mit glücklicher Blindheit, die lauernden Sorgen am Wege nicht stehn, Und rufen bei Blümchen: Ei eia, wie schön! Wir kommen mit klopfenden Herzen zur zweiten! Als Jüngling und Mädchen, die schon was bedeuten, hier setzt sich die Liebe mit uns auf die Post, Und reicht uns bald süße, bald bittere Kost. Die Fahrt auf der Dritten giebt tüchtige Schläge, der heilige Eh'stand verschlimmert die Wege; Oft mehren auch Jungen und Mädchen die Noth, Sie laufen am Wagen und schreien nach Brod. Noch ängstlicher ist auf der Vierten die Reise, für steinalte Mütter und wankende Greise; Der Tod auf dem Kutschbok als Postillion Jagt wild über Hügel und Thäler davon. |
Auch Reisende, jünger
an Kräften und Jahren, Beliebt oft der flüchtige Postknecht zu fahren, Doch Alle Kutschiert er zum Gasthof der Ruh'; Nun ehrlicher Schwager, wenn das ist, fahr zu. Einleitung zu meiner nun vollendeten Reise, zu welcher ich nun ein Tagebüchlein schreibe. Der Gruß. Der schönste Gruß, den man mir bot, Ist unser deutsches: Grüß Dich Gott! Ich danke Dir aus teurer Brust! Klingt´s drauf mit wahrer Herzenslust Und jeder geht vergnügt den Pfad, den sein Beruf ersehen hat. Mit Gott geht man den schönsten Gang, Da wird das Herz nicht trüb und bang; Die Brust hebt sich froh und leicht. Weil alles Böse von uns weicht; Der Sinn ist immer hell und klar, Und gut ist, was der Geist gebar. Mit Gott besiegt man jede Noth, Erfüllt mit Gott sein Pflichtgeboth, Stößt nirgends auf des Lebens Bahn Für seine Ruh gefährlich an; Mann wandelt auf beblümter Flur In Gottes freundlicher Natur. Drum Wandrer! und grüß Dich Gott! Und walte froh bis in den Tod. Bewahrt den Gruß dein treues Herz, Dann flieht Dich jeder Tücke Schmerz; Du denkst einfältiglich und hold, Der Gruß gilt mehr denn Ehr' und Gold. |
Da ich mich von der unumgänglichen Nothwendigkeit und
Nützlichkeit
der Wanderschaft für junge Handwerker überzeugt, und
vorgenommen hatte,
mit treuer Lust und Liebe zur Sache zu schreiten so freute ich mich
inniglich auf den Tag meiner Abreise.
Obwohl ich ein Meisters Sohn bin und meinen Lieben Vatter schon in
meinem 14ten Jahre verlohren hatte, so habe ich das Glück bis zum
Austrit aus der Schule und
zum Antrit der Wanderschaft so viel zu erlernen, das ich im Stande war,
mein Brod in der Fremde zu verdienen.
Am 20 März 1838 trat ich meine Wanderschaft an und kam nach
Buchloe zum
Hafner-Meister Johann Laur in Arbeit und war dort bis zum 21. Sept.
nemmlichen Jahres. Dann glaubte ich in einer anderen Werkstadt bessere
Fortschritte meiner Profeßion machen zu könen und reiste
nach München,
aber in der Residenzstadt meines Vatterlandes war es für mich eben
nicht so, wie ich es hofte und reiste am 8 Okt. 1838 weiter.
Ich machte meine Reise über Freising, Mosburg, Landshut und Ergol(d)sbach nach Regensburg. Am 12. Oktober Machte ich von Regensburg nach Neuburg an der Donau und von da nach Donauwörth und bekam Arbeit beim Hafner-Meister Stauhmayr, allwo ich bis an 3. Dezemb. blieb. Dann Reiste ich wieder weiter und zwar über Monheim, Pappenheim, Eichstädt nach Neuburg und Ingolstadt und kam am 6 Dez. beym Schulmeir in Vohburg in Konditzion. Ich arbeitete in Vohburg bis am 25 März 1839, da reiste ich nach Hause, weil mein Bruder heiratete.Ich
blieb zu Hause vom 28 März bis zum elften Juli 1839 und kam dann nach Memmingen
in Conditzion und blieb bis zum 2.
Sept. n(ämlichen) J(ahres). |