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Unser Hoamat /  Zwischen Wetterstein und Staffelsee (Beilage für das Loisach-, Isar, und Ammertal)

Ein Edelmann aus Ohlstadt: Jordan der Haerink

Eine Auswertung von 31 Urkunden durch Josef Brandner aus Ohlstadt

Natürlich fällt jedem Kenner sogleich die Feste Schaumburg ein, wenn von der Ritterzeit in unserer eigenen Heimat die Rede ist. Auch die Edlen Gebhard (Vater) und Arnold (Sohn) aus dem Geschlecht der v. Kammer sind als Burgherren vielen geläufig. Noch bekannter ist, vor allem in Ohlstadt, dass zu Beginn des 15. Jahrhunderts die bayerischen Herzöge Ernst und Wilhelm höchstpersönlich die Feste wochenlang belagert und schließlich erobert haben und dass das Dorf Samt Adelsitz 1493 an das nahe Kloster Schlehdorf verkauft worden ist. Viel weniger bekannt ist, dass im 14. Jahrhundert neben den Burg- und Hofmarksherren v. Kammer auch ein anderer Edelmann seinen Sitz in Ohlstadt hatte: Jordan der Haerink.

31 Urkunden konnte der Autor bislang bei den staatlichen Archiven in München ausfindig machen, die Auskunft über diesen Beamten und Ritter ohne Burg geben.

Der Vater

1305 wird Jordans gleichnamiger Vater erstmals in einer  Urkunde des Klosters Bernried erwähnt („Jordan von Murnaw“). Zusammen mit seinem Bruder („Heinrich der Haerinck“) überlässt er dem Kloster für 21 Pfund Perner Münzen die Vogtei über ein Anwesen in Garmisch („Germansgawe“). Dieses Recht hatten die beiden von den Grafen v. Lichteneck zu Lehen, die als Nebenlinie der mächtigen Grafen von Eschenlohe auf einem „Schloss“ bei Aidling residierten. An mehreren Stellen wird Jordans Vater auch als „Herr Jordan de Murnaw“ genannt, zuletzt 1325. Diese Bezeichnung legt die Vermutung nahe, dass Jordan d.Ä. als Ministeriale oder Beamte im aufstrebenden Hauptort der Staffelseegegend tätig war.

Er war im Übrigen dem mächtigsten Kloster seiner Zeit – Ettal wurde erst 1330 gegründet – eng verbunden. Er schenkte das Gut Hermannswiese bei Murnau im Wert von 32 Pfund Perner Münzen an Benediktbeuren.

Jordanus der Haerink de Olstatt

Jordan der Jüngere taucht erstmals 1329 in einer Urkunde des Klosters Dießen auf und wird dort als Zeuge und „Herrn Jordans Sun“ bezeichnet. Er wurde vermutlich um 1300 geboren und stand 1333 als Murnauer Vogt in den Diensten von Kaiser Ludwig dem Bayern (Gerichtsurkunde Murnau). Zu dieser Zeit war Jordan d.J. bereits verheiratet, und zwar mit einer Tochter des Edlen Hans Awer de Aw (Oberau). Vorausgesetzt, dass es bei dieser einen Ehe geblieben ist, handelte es sich bei Jordans „ehelicher Hauswirtin“ um Agnes Auerin (vgl. Ger. Urk. Murnau v. 1367). Sie war die Schwester von Hans Auer dem Jüngeren, der 1333 zwei Anwesen in Eschenlohe an Ludwig den Bayern verkaufte und möglicherweise die Enkelin des Heinrich v. Au „miles“ (Ritter). In diesem Zusammenhang sei auf die Ausführungen von Dr. Heinz Schelle und Walter Glas verwiesen („das goldene Au“, 1982).

 Ab 1335 fehlt dann die Amtsbezeichnung Vogt zu Murnau. Dafür wird stets auf Jordans Wohnsitz („Olstatt“, „Owelstat“ auch „Aulstatt“) hingewiesen. Ob Jordan in der Folgezeit in den Diensten des eben gegründeten und rasch unter der kaiserlichen Gunst aufstrebenden Klosters Ettal stand, oder für den örtlichen Hofmarksherrn der Feste Schaumburg tätig war, oder sich als Unternehmer am Rotthandel beteiligte, bleibt vorerst ungeklärt. Sicher ist, dass er als Mann aus „siegelmäßigem“ Geschlecht ein vielgefragter Zeuge bei Beurkundungen war. In eine ganze Reihe von Siegelwachsflecken drückte Jordan seinen Wappenring mit dem quer nach links oben schwimmenden Fisch.

Es ist nicht grundsätzlich auszuschließen, dass der Haerink pacht- oder mietweise die Ohlstädter Schaumburg bewohnte. Eher scheint jedoch die Vermutung angebracht, dass der Ritter ohne Burg mitten im Dorf einen, seinem Stand angemessenen, „ganzen Hof“ als Sitz hatte. In diesem Zusammenhang ist sicher bemerkenswert, dass in den Briefprotokollen der Staatsarchivs noch um 1630 der verschollene Hausname „beim Jorl“ (Jordan?) wiederholt auftaucht.

1367 beschert uns eine Murnauer Gerichtsurkunde den einzigen Hinweis auf Jordans Familie: Die Eltern übergeben ihrer vermutlich einzigen Tochter Elspeth (Elisabeth) und ihrem Eidam (Schwiegersohn) Friedrich Eisenmann ein standesgemäßes Heiratsgut, den halben Zehent in Riedhausen. Als Zeuge tritt in dieser Familiensache Arnold v. Kammer auf.

Jordans Brüder

Der Ohlstädter Edelmann hatte zwei, wahrscheinlich jüngere Brüder: Gebhard (erste Nennung 1333) und Bartholomäus (e. N. 1343). Während Gebhard anfangs mit „de Murnaw“ genauer bezeichnet wird, hat er später seinen Stammsitz nachweislich in Uffing. Von ihm ist auch bekannt, dass er 1342 oder 1343 in einem Streitfall den Edlen Chunrat von Uffing erschlagen hat (Regesta Boica VII). Als Sühneopfer schenkten die drei Brüder dem Kloster Ettal einen Hof in Antdorf und die Mühle in Eyach. Gebhard ist bereits 1349 oder 1350 gestorben, denn in diesem Jahr stifteten seine Brüder einen „ewigen Jahrtag“ zu seinem Seelenheil in der Klosterkirche Benediktbeuren.

Bartholomäus der Haerink nennt sich später stets „von Geretshausen“. Ob es sich um Geretzhausen bei Landsberg oder um Geratshausen bei Tutzing handelt, sei hier offengelassen.

Die Klöster als Erben

Während in Weilheim die Nachfahren Jordans Onkel Heinrich dem Haeringk noch etliche Generationen weiterzuverfolgen sind und es bis zum Bürgermeister (Jörg Hering) und zum herzoglichen Land- und Stadtrichter zu Pähl und Weilheim (Hieronymus Häring) gebracht haben, erlischt in Ohlstadt dieser Name noch im 14. Jahrhundert. Als Jordan der Jüngere um 1370 starb, übernahm seine Tochter Elspeth Eisenmannin das elterliche Gut. Sie wird 1404 noch einmal urkundlich erwähnt als „Elspeth, des verstorbenen Jordan Haerink Tochter“. Dies ist zugleich die erste Nennung des auch heute noch im Dorf verbreiteten Familiennamens Schretter. Damals verkauften Elspet und Ulrich „die Schrötter“ ihren Zehent zu Riedhausen an die „Sant Kathrein Friemeß“ zu Murnau.

An wen ging das übrige Vermögen des Edelmanns Jordan von Olstatt? Neben der sicher beachtlichen Erbschaft der Schretterschen Nachkommen hatte der einstige Vogt von Murnau schon zu seinen Lebzeiten die Klöster der Umgebung bedacht: Vor allem das neue Ettal kam gut dabei weg: 1338 verkaufte er die Schwaige „Aufm Perloch“ (Perlach), 1343 gab er seinen Anteil zum oben erwähnten Sühneopfer seines Bruders, 1355 bzw. 1356 verzichtete er zugunsten Ettals auf ein Anwesen im längst untergegangenen Dorf Aschau bei Farchant und auf die Mühle in Oberau. Dem Kloster Polling überließ er 1354 Leibeigene und Benediktbeuren bereits 1350 seinen Zehentanteil aus sieben Anwesen in Uffing und Schöffau.

Ulrich Schrötters Nachfahren

Mit der urkundlichen Erwähnung von 1404 ist der Familiennamen Schretter am längsten im Dorf unterm Heimgarten nachweisbar. Die starke Vertretung des Namens in den folgenden Jahrhunderten ist augenfällig und ein Zeichen von ursprünglichem Wohlstand und Einfluss. Im Verzeichnis der „Gmain Umlag“ von 1653 sind zehn der insgesamt 70 Anwesen im Besitz der Schretter: „Andrehiesel, Wunder (heute Schmiedbauer), Starch, Grau, Oberschuster, Hofmann, Raidinger, Fux, Adam.“ Zusammen haben sie rund 12 Prozent des umlagepflichtigen Vermögens in Händen. Zum weit überwiegenden Teil ernähren sich die Schretter jener Tage von der Wetzsteinmacherei. In diesem für das Dorf typischen Wirtschaftszweig gaben sie auch im 18. und 19. Jahrhundert noch den Ton an.

(Veröffentlichung ca. 1985)

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zusammengestellt von Ralf Dörsam im Dezember 2003